Ignorantes Design
Ausgangspunkt dieses Projektes ist es, über einen anderen begrifflichen Zugang zu einem erweiterten, konstruktiven, aufmerksamen, rücksichtsvollen Verständnis von Design zu gelangen. Im Fokus steht dabei die Beschäftigung mit dem Prinzip “Ignoranz”. Inwiefern kann Design ignorant sein? Was passiert, wenn das der Fall ist? Was oder wem gegenüber kommt die Ignoranz zum Ausdruck? Wer genau ist ignorant? Die Designer:innen? Die Nutzenden? Instanzen die über ein entsprechendes Regulierungspotenzial verfügen (“Die Politik”)? Zweifellos wirft dies Fragen auf: Ist schlecht gemachtes Design automatisch ignorant? Oder umgekehrt? Ein (nicht nur) designtheoretischer Annäherungsversuch, der mit dieser Website auszugsweise, exemplarisch und bildlich begleitet wird.
Ignorantes Design
Ausgangspunkt dieses Projektes ist es, über einen anderen begrifflichen Zugang zu einem erweiterten, konstruktiven, aufmerksamen, rücksichtsvollen Verständnis von Design zu gelangen. Im Fokus steht dabei die Beschäftigung mit dem Prinzip “Ignoranz”. Inwiefern kann Design ignorant sein? Was passiert, wenn das der Fall ist? Was oder wem gegenüber kommt die Ignoranz zum Ausdruck? Wer genau ist ignorant? Die Designer:innen? Die Nutzenden? Instanzen die über ein entsprechendes Regulierungspotenzial verfügen (“Die Politik”)? Zweifellos wirft dies Fragen auf: Ist schlecht gemachtes Design automatisch ignorant? Oder umgekehrt? Ein (nicht nur) designtheoretischer Annäherungsversuch, der mit dieser Website auszugsweise, exemplarisch und bildlich begleitet wird.
IGNDES
Wieso Ignorant
Beim Einordnungsversuch von Design in die Kategorien “gut” oder “schlecht” fällt auf, dass sie in ihrer argen Limitiertheit kaum weiterhelfen. Weder, was das Verständnis von Design an sich betrifft. Noch, dahingehend, wie man es denn anders machen könnte, sprich: wie sich ein “schlechtes” Design in ein “gutes” überführen ließe. Kaum hinreichend sind die dazu notwendigen, begrifflich mitgelieferten Informationen. Landläufig wird “schlechtes Design” etwa oft mit “hässlich” gleichgesetzt, bezieht sich also eher auf optische, äußere Erscheinungsbilder und geht zu wenig in die Tiefe.
Ähnlich verhält es sich mit Begriffssurrogaten wie “dummes” (idiotisches, beknacktes) Design – schwingt doch hier ein, wenn auch subtiler, aber dennoch offensichtlicher Ableismus mit. Worte wie „dumm“ und „idiotisch“ waren lange Zeit medizinische Begriffe, die zur Beschreibung von Intelligenzquotienten oder geistiger Leistung verwendet wurden, aber im Laufe der Zeit abwertend verwendet wurden. Die Verwendung dieser Worte als Schimpfwörter kann auf manche Menschen verletzend wirken und zur Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen beitragen. Denn Vorurteile, Diskriminierung oder Herabwürdigung von Menschen schreibt sich auch begrifflich fort, was dazu beitragen kann, bestehende Vorurteile und Stereotypen (über Menschen oder Sachverhalte) zu verstärken.
Im Wintersemester 2023/24 ging eine Gruppe von 33 Studierenden der HfG Offenbach dem Phänomen der Designignoranz auf den Grund. Gemeinsam, in Gruppen oder separat wurden unterschiedliche Formen und Phänomene formuliert und erprobt. Die überwiegend theoretische, diskursive, aber auch praktische Erschließung geschah dabei bewusst kritisch. Ziel des Kurses war es einerseits, die Kompetenz zu einer analytischen und argumentativen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themenspektren der Gestaltung zu schärfen. Andererseits sollte die methodologischer Wissens- und Denkvermittlung dabei helfen, Argumentationsräume in Gestaltungsprozessen zu präzisieren. Wir setzen uns dazu mit unterschiedlichen Formen, Dingen und Medien der kritischen Artikulation auseinander – lesend, schreibend, fotografierend, postend, diskutierend, gestaltend. Auf diese Weise entstanden Texte, Kartografien, eine Fotosafari, eine Website, Themencluster und Kategoriebildungen, Logo, Sticker, ein Instagram Account und Eventkonzepte. Die hier gezeigten Fotos stammen aus der bildethnografischen Explorationsphase und wurden von den Projektteilnehmenden in und um Offenbach aufgenommen.
IGNORANT DESIGN ·
Ignoranzkartografie
Karten wie diese dienten im Kurs als Orientierungshilfe, um die geografische Verortung und den Kontext der einzelnen Bildaufnahmen (möglicher Beipsile für ignorantes Design) nachvollziehen zu können. Anhand genauer geografischer Angaben, konnte somit die Grundlage für eine Kartografie des ignoranten Designs gelegt werden. Ein Unort-Kataster, das uns dabei behilflich sein soll, nicht nur mit offenenen Augen durch die Stadt zu gehen, sondern auch die kritische Haltung gegenüber unserer eigenen Profession als Gestalter:innen zu schärfen.
Ignoranzkartografie
Karten wie diese dienten im Kurs als Orientierungshilfe, um die geografische Verortung und den Kontext der einzelnen Bildaufnahmen (möglicher Beipsile für ignorantes Design) nachvollziehen zu können. Anhand genauer geografischer Angaben, konnte somit die Grundlage für eine Kartografie des ignoranten Designs gelegt werden. Ein Unort-Kataster, das uns dabei behilflich sein soll, nicht nur mit offenenen Augen durch die Stadt zu gehen, sondern auch die kritische Haltung gegenüber unserer eigenen Profession als Gestalter:innen zu schärfen.
Glossar
Bei der “Markierung” von Dingen z.B. im öffentlichen Raum als “ignorantes Design geht es uns weniger darum, die möglichen Urheber:innen oder Verantwortlichen der aufgespürten Beispiele als ignorant zu entlarven, zu diffarmieren oder bloß zu stellen, sondern darum, ein allgemeines Bewusstsein für die Aufgaben und Möglichkeiten von Design zu schaffen und somit auch ihnen – den Verantwortlichen – die Möglichkeit zu geben, etwaige Gestaltungsentscheidungen vielleicht noch mal zu überdenken bzw. eine kritische Position dazu zu entwickeln. Es soll hier also nicht zwangsläufig um eine Diffarmierung der Urheber:innen bzw. Designer:innen gehen, sondern um eine “objekt-begzogene Ignoranz”, die sich auch am Objekt verhandeln lässt. Zugegebenermaßen impliziert eine Kritik am Objekt unweigerlich auch eine Kritik am Urheber bzw. der Designerin. Es überrascht also nicht, wenn sich diese angesprochen fühlen. Die Benennung eines Objektes als ignorant, vermag den für sie Verantwortlichen jedoch auch die Möglichkeit geben, ihren Entwurf zu verändern oder aber auch, ihn argumentativ zu verteidigen. Und – auch das sei ihnen zugestanden – die geäußerte Kritik auch weiterhin zu ignorieren. Bei all dem geht es nicht zuletzt auch um eine Außenkommunikation des Designs gegenüber Menschen, die vielleicht eine diffuse Vorstellung haben, was Design ist. Der Begriff “ignorantes Design” vermag ihnen vielleicht dabei helfen, Design besser zu verstehen: (“Schlechtes Design, weil ignorant”, und dann im zweiten Schritt: “inwiefern ignorant”….). Erste Begriffskategorien, die sich aus dieser Untersuchungsphase herauskristalisierten, lauten etwa:
- Abgekupfert
- Barrierebelastet
- Benutzerunfreundlich
- Demotivierend
- Dysfunktional
- Einfallslos
- Eingleisig
- Emotionslos
- Exklusiv
- Farbinkohärenz
- Fehlende ästhetische Kohärenz
- Fehlende Interaktivität
- Fehlende visuelle Hierarchie
- Frustrierend
- Funktionslos
- Gefühllos
- Geringe Informationsdichte
- Geschmacklos
- Hässlich
- Ineffektiv
- Ineffizient
- Inkompatibel
- Inkonsistent
- Innovationsfeindlich
- Komplexität
- Kontextfrei
- Konzeptionell schwach
- Künstlich
- Kurzlebig
- Leichtsinnig
- Mangelnde Innovative Kompetenz
- Mangelnde Skalierbarkeit
- Mangelnder Kontrast
- Mindere Qualität
- Nicht barrierefrei
- Nicht bedarfsorientiert
- Nicht modular
- Nicht nachhaltig
- Nicht nutzerzentriert
- Nicht optimiert
- Nicht personalisiert
- Nicht responsiv
- Nicht selbstbeschreibend
- Nicht skalierbar
- Nutzerirreführung
- Platzverschwenderisch
- Ressourcenverschwendend
- Schlecht strukturiert
- Schlechte User Experience (UX)
- Schwer adaptierbar
- Schwer verständlich
- Schwierige Interaktion
- Schwierige Wartung
- Sozial gleichgültig
- Überladen
- Umweltschädlich
- Unansehnlich
- Unausgewogen
- Unbefriedigend
- Unbequem
- Undeutlich
- Unethisch
- Unflexibel
- Ungeometrisch
- Unkomfortabel
- Unlogisch
- Unmenschlich
- Unorganisiert
- Unpraktisch
- Unscheinbar
- Unsicher
- Unüberlegt
- Unübersichtlich
- Unzuverlässig
- Veraltet
- Vergesslich
- Verwirrend
- Visuelles Ungleichgewicht
- Zeitverschwenderisch
Diese – einerseits unvollständige, andererseits stellenweise redundante – Liste mag als Basis einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit Design-Ignoranz liefern.